Sie klingelt und ich öffne ihr die Tür. Ich küsse sie gar nicht erst, um ihr das Gefühl zu geben, dass das alles in Ordnung für mich und sie mir nicht so wichtig sei. Sie kommt rein und wir gehen in mein Zimmer.
 

„Wie wars gestern noch?“


„Gut, Svenja war auch da. Bin erst um 5 wieder hier gewesen. Was hast du noch gemacht?“


„Ich war mit Hannes, Julia und Lennart unterwegs, bisschen was trinken.“


„Scheiß Schlampe“, denke ich. Man kann doch als Mensch erwarten, dass man sich wenigstens ein Tag vorher nochmal frei nimmt, nochmal drüber nachdenkt, sich vielleicht mit den Eltern oder dem Psychotherapeuten darüber ausspricht. 


Dann ist es soweit, ich sehe das an einer Ernshaftigkeit, die jetzt die Züge ihres Gesichts erfasst. Wir sitzten nebeneinander auf der Bettkante und sie leitet ein. 


„Ich gehe jetzt ins Ausland und ich denke es wäre vielleicht gut,..."

Ich drifte ab. Gut? Was wäre denn daran gut? Nichts wäre daran gut. Gut ist das gewesen, was uns hier her gebracht hat.

"...wenn wir dann erstmal nicht mehr miteinander sind. Für uns beide ist es sicherlich besser.“


„Zieh mich da nicht mit rein, das ist ein abgekartetes spiel!“, sage ich sofort. Sie erschießt mich und hinterher soll ich glauben, dass hätte sie alles für mich gemacht. „Fuck her!“, denke ich jetzt, finde das aber sofort megaalbern.


Nach einer Weile fängt sie an zu weinen. Find ich nicht gut, ich versuche hier gerade zu ermitteln, was sie mir hier gerade antut. Ich selbst will nicht weinen. Ich will dass sie denkt sie würde mir nicht viel bedeuten, dass ich sogar erleichtert wäre. Soll sie doch ruhig aber ich werde ihr den Gefallen nicht tun.


Dann fange ich an zu heulen, denn sie nimmt meinen Kopf und drück ihn ganz fest an sich. Sie macht das sicher nicht zum erstenmal, sie weiß genau, wie man das macht. Und das muss ich jetzt am eigenen Leib erfahren denn Ich heule jetzt, wie meine Oma, als ihr das iPad auf den Fuss gefallen ist, nachdem sie versucht hat über Wikipedia mit ihrer Urenkelin zu skypen. Tiefes Schluchzen. Ich weine gelegentlich, aber immer mit dem Gefühl, dass die Tränen den Schmerz lindern.


Das war genau ihr Plan. Mich zum heulen bringen, zusammen weinen, um dann direkt abzuschließen. Sie ist so kalt, sicher hat sie Taschentücher und Maskara mitgebracht, entschuldigt sich gleich kurz und zieht dann ihren Liedstrich nach. Jetzt denke ich wieder „Schlampe“, aber dieses mal "kalte Schlampe".


Nach ca. 3 Minuten ist das ganze aber schon wieder interessant merkwürdig. Eben noch aus vollem Herzen geheuelt, komm ich mir jetzt blöd dabei vor, wie wir hier liegen und so tun, als wären wir für alle Zeiten ruiniert. Ich schaue mal vorsichtig zu ihr hoch, sie ist aber noch mit fantastisch leidendem Gesichtsausdruck dabei.


Ich liebe sie, dafür dass sie mich verlässt, denn ich liebe sie und auch alles was sie macht, weil ich liebe sie.
Die Lampe simbolisiert mein Lebensglück, je stärker es mir ins Gesicht leuchtet, desto eher bin ich davon betroffen.

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